In dem Fall hatte der Vermieter wegen Eigenbedarfs gekündigt. Das Landgericht hielt die Kündigung für grundsätzlich wirksam.
Das Problem: der Mieter berief sich auf eine unzumutbare Härte gemäß § 574 BGB. Danach kann der Mieter der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn, eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.
Eine Härte liegt insbesondere auch dann vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.
Ihre 2-in-1 Fortbildung
Im Streitfall ging das Landgericht davon aus, dass in Berlin eine tatsächliche Mangel Lage auf dem örtlichen Wohnungsmarkt besteht. Das ergebe sich insbesondere auch daraus, dass der Berliner Senat die Mietenbegrenzungsverordnung vom 19.5.2020 mit Verordnung vom 14.3.2023 verlängert habe. Auch die Kündigungsschutzklausel-Verordnung vom 13.8.2013 sei mit Verordnung vom 13.6.2023 verlängert worden.
Beide Verordnungen weisen eine Mangellage am gesamten Berliner Wohnungsmarkt aus. Die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in der gesamten Gemeinde sei besonders gefährdet. Vor dem Hintergrund einer solchen Situation meint das Landgericht Berlin, der Mieter müsse nur noch eine ausreichende Zahl erfolgloser Bewerbungen (im Streitfall waren dies 244 Bewerbungen) nachweisen.
Im Rahmen einer dann noch durchzuführenden Interessenabwägung zwischen den Vermieterinteressen und den Interessen des Mieters, sieht das Landgericht die Gefahr der Wohnungslosigkeit als überragend an. Das Landgericht hat eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum 31.01.2026 ausgeurteilt. Es ist dabei davon ausgegangen, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Mieters bis zu diesem Zeitpunkt stabilisiert haben könnten.
Fazit für die Praxis: In nahezu allen Ballungszentren dürften die hier vom Landgericht aufgestellten Voraussetzungen für einen Anspruch auf zumindest befristete Fortsetzung des Mietverhältnisses gegeben sein. Auch wenn sicher nicht alle Gerichte derart mieterfreundlich urteilen werden: Bei wirtschaftlich schwachen Mietern muss daher künftig mit Problemen bei der Durchsetzung der Eigenbedarfskündigung gerechnet werden. Nach Ablauf der gerichtlich festgesetzten Frist endet das Mietverhältnis zwar ohne erneute Kündigung. Sollten die Prognosen des Gerichts zur wirtschaftlichen Stabilität des Mieters allerdings nicht eintreffen, kann der Mieter auch dann noch gemäß §574c BGB eine weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses durchsetzen.
Zum Autor:
Rechtsanwalt Alexander Bredereck ist eine maßgebliche Stimme in der juristischen Landschaft und mit über 25 Jahren Erfahrung ein gefragter Experte in seinem Fach (Kündigungsschutz und Vertragsrecht). Bekannt durch TV-Präsenz und einen der größten Rechtskanäle für Arbeitnehmer auf YouTube, bringt der Fachanwalt für Arbeitsrecht und Miet- und Wohnungseigentumsrecht seine Expertise in vielfältigen Formaten einem breiten Publikum näher. Ein Studium der Theaterwissenschaften und Publizistik runden das Profil vom „Fernsehanwalt“ stimmig ab.
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